Ich finde, dass wir als Menschheit viel zu spät dran sind, den Planeten zu retten. Wir haben den Zeitpunkt verpasst, entscheidende und radikale Massnahmen des Klimaschutzes zu ergreifen. Das heisst natürlich nicht, jetzt nichts mehr zu machen, so nach dem Motto «nach mir die Sintflut». Aber wir Menschen sind anscheinend einfach zu bequem und egoistisch.
Als Henry Ford das Fliessband erfunden hat, hat er auch die Industrialisierung so weit vorangetrieben, dass der Mensch sich an das unbegrenzte Wachstum und Konsumieren gewöhnt hat. Greta Thunberg finde ich deshalb eine spannende und mutige junge Persönlichkeit – sie stellt unseren Lebensstil grundlegend in Frage. Wenn alle verzichten würden, und nicht nur Leute wie ich, dann hätten wir vielleicht eine Chance.
Aber statt wirklich was zu verändern, wie es eigentlich nötig ist, macht die Politik Alibiübungen. Welche Partei würde in der Schweiz zu so einem radikalen Lebensstil aufrufen und von der Mehrheit gewählt werden? Politiker:innen denken primär an ihren Machterhalt und an ihre Wiederwahl. Und ich glaube auch nicht, dass wir als Menschheit in der Lage sind, unsere Gewohnheiten und Bequemlichkeiten für nachfolgende Generationen aufzugeben und zu ändern.
Solange ich denken kann, bin ich ein sehr grosser Fan von Motoren, schnellen Autos und Motorrädern. Nicht, weil es mir egal ist, wie es unserem Planeten geht. Sondern, weil ich mich schon immer sehr für die Verbrennungsmotorentechnik interessiert habe. Ich bin so aufgewachsen, ich finde Verbrennungsmotoren einfach faszinierend. Sie sind nicht nur mein Hobby und meine Leidenschaft, sondern auch mein Beruf. Ich liebe es, Auto- und Töff-Motoren umzubauen und schneller zu machen. Früher fuhr ich gerne schneller auf dem Motorrad über die Pässe. Das gab mir ein Gefühl der Freiheit. Heute ist das nicht mehr möglich, weil es auch dort zu viel Verkehr hat. Mich reizt es sehr, an die technischen Grenzen von mir und dem Fahrzeug zu gehen. Ich fühle mich, als ob ich mit dem Fahrzeug verschmelze und es fühlt sich gut an, es zu kontrollieren. Ich weiss, dass das für andere schwer zu verstehen ist.
Mit den Tempo-30-Zonen will man Verschiedenes erreichen: Umweltschutz, Sicherheit und Ruhe. Am liebsten wollen wir als Gesellschaft null Tote im Strassenverkehr. Aber Unfälle passieren nun mal, nicht nur weil Leute zu schnell fahren, sondern weil sie z.B. nicht richtig fahren können, aggressiv oder rücksichtslos drauflosfahren oder Fussgänger oder Velofahrer nicht aufmerksam sind. Und wir tun so, als ob das Tempolimit die ultimative Lösung wäre. Wie war es denn früher? Gab es keine Unfalltote im Verkehr? Konnten unseren Eltern alle nicht schlafen? Oder ist das Problem, dass irgendwelche rücksichtslose Spinner sich zeigen müssen? Mir ist klar, dass es heutzutage viel mehr Verkehr gibt. Aber wenn ich nachts auf der Strasse schaue (rundherum 30er-Zone), dann fährt selten ein Auto vorbei. Ganz ehrlich, mich stören die Kirchenglocken, die immer wieder läuten, mehr.
Ich habe bis jetzt niemanden angefahren oder einen tödlichen Unfall verursacht. Trotzdem bin ich ein verurteilter Raser. Das heisst auch: Ich habe einen sehr hohen Preis für das schnelle Fahren gezahlt: Vor einigen Jahren habe ich mich von einem anderen Verkehrsteilnehmer provozieren lassen und bin zu schnell gefahren. Ich musste 12000 CHF Verfahrenskosten zahlen, wurde zu 14 Monaten Gefängnis bedingt verurteilt und musste zum Verkehrspsychiater. Ich stehe zu meinem Fehler und habe seit damals viel gelernt über mich. Dass man mich aber deswegen wie einen Verbrecher behandelte, obwohl ich zu keinem Zeitpunkt andere durch meine Geschwindigkeit absichtlich und direkt gefährdet habe, fand ich sehr schwierig und unfair. Das hatte gesellschaftliche, berufliche und psychische Auswirkungen. Ich bin wegen dem Urteil auch in eine schwere Depression abgerutscht. Durch die Depression habe ich meinen Job, meine Wohnung und meine Freundin verloren. Deshalb fühlten sich die Konsequenzen der Verurteilung so an, als ob man mir mein gesamtes Leben zerstört hat. Ich hatte Freunde, die fanden, Leute wie mich sollte man hinrichten.
Ich hätte gern wieder mehr Toleranz und gesunden Menschenverstand in unserer Gesellschaft. Ich sehe, dass viele Leute den Bogen überspannen und übertreiben. Aber warum immer gleich alles für alle verbieten? Warum nicht nur die Schuldigen bestrafen? Ich wurde auch bestraft und habe mich geändert. Ich denke ziemlich liberal. Leben und leben lassen war immer mein Motto. Ich finde, die, die das wollen, sollen Elektro fahren, aber sie sollen diejenigen, die die alte Technik lieben, in Ruhe lassen. Die Leute, die Autos hassen, sollen den Führerausweis abgeben und sich mit ÖV und Fahrrad bewegen und nicht denen, die das nicht wollen, vorschreiben, wie sie zu leben haben. Man sollte das Rundstreckenverbot aufheben, damit die, die das möchten, sich austoben können.
Wenn wir in der Schweiz jetzt plötzlich generell Tempo 30 statt Tempo 50 einrichten wollen, fühle ich mich gezwungen, auszuwandern, weil das dann nichts mehr für mich mit Lebensqualität zu tun hat. Die 30er-Zonen und Elektroautos haben für mich nichts mehr mit Emotionen, Leidenschaft, Lebensfreude und Freiheit zu tun.
Angelo